"Zur Mutter der eigenen Eltern werden ist nicht leicht."

Präventive Angebote für pflegende Töchter demenzkranker Menschen in Nürnberg

Anlass

Erwachsene Töchter pflegebedürftiger Menschen sind mit 23% die größte Gruppe pflegender Angehöriger, noch vor der Gruppe der Ehefrauen mit 20% (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002). Auch die Erfahrungen der Angehörigenberatung e.V. in Nürnberg sprechen dafür, die Situation von Töchtern demenzkranker Menschen ins Blickfeld zu nehmen, denn die größte Gruppe der hier Beratenen sind Töchter (39%). Ihre Belastungen und Bedürfnisse unterscheiden sich von denen pflegender Ehepartner. Neben den Problemen, die sich aus der Demenzerkrankung eines Elternteils ergeben, müssen sie Ansprüchen aus Beruf und eigener Familie sowie oft auch des (mit-)pflegenden Elternteils gerecht werden. Spezifische Präventionsangebote für Töchter gibt es jedoch bundesweit bisher kaum.

Projektziele

Töchter demenzkranker Menschen werden durch zielgruppenspezifische Bildungsangebote in ihrer Handlungskompetenz als Pflegende gestärkt. Durch die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild Demenz, mit ihrer Rolle als pflegende Tochter und im Austausch mit anderen betroffenen Frauen wachsen sie in ihrer Fähigkeit, die Pflegesituation selbstbestimmt zu meistern; Gefühle von Hilflosigkeit und psychische Belastungen nehmen ab, das Risiko psychosomatischer Beschwerden sinkt.

Umsetzung

Bereits seit dem Jahr 2000 bietet die Angehörigenberatung e.V. in Nürnberg für pflegende Töchter punktuell spezifische Seminare an. Dieses Engagement wurde in den letzten Jahren ausgebaut, 2011 konnte eine Mitarbeiterin im Rahmen einer Masterarbeit (Master of Education an der Evangelischen Hochschule Nürnberg; Erwachsenenbildung) intensiv an der Weiterentwicklung der Präventionsangebote arbeiten.

Durchführung einer Zukunftswerkstatt "Töchter von Menschen mit Demenz – Welche Angebote brauchen Sie?" im Nachbarschaftshaus Gostenhof (Mai 2011). Mit neun Betroffenen wurde ihre Situation reflektiert und erarbeitet, welche Angebote sie als hilfreich und sinnvoll wahrnehmen. Die Ergebnisse fließen in die Seminare der Angehörigenberatung ein.

  • Seit 2008 gibt es zweimal jährlich das Basisseminar "Wenn die Eltern demenzkrank werden" (sechs Abendtermine à zwei Stunden). Das Seminar ist immer ausgebucht und die Rückmeldungen sind durchweg positiv, viele Teilnehmerinnen fragen nach einem Aufbauseminar. Daher wird ab Herbst 2012 das Seminar "Demenz: Die Eltern unterstützen – für mich sorgen" mit sechs Terminen einmal jährlich angeboten.
  • Fortlaufende, moderierte Gesprächsgruppe "Wenn Töchter pflegen …" seit 2002, einmal monatlich abends mit durchschnittlich ca. 15 Teilnehmerinnen. Die Teilnahme wird als emotional entlastend empfunden.
  • Einzelberatung von Töchtern durch eine Fachkraft, die seit 2011 in der Weiterbildung zur Systemischen Beraterin ist.

Dokumentation: Projektbericht, Auswertung der Zukunftswerkstatt, Jahresbericht der Fachstelle für pflegende Angehörige und Demenzberatung der Angehörigenberatung e.V. Nürnberg, Masterarbeit "Zur Mutter der eigenen Eltern werden ist nicht leicht."

Ressourcen, Finanzierung

Die Angebote finden im Rahmen der Fachstelle für pflegende Angehörige und Demenzberatungsstelle der Angehörigenberatung e.V. in Nürnberg statt. Die Arbeit der Fachstelle wird finanziert durch Zuschüsse der Stadt Nürnberg, des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen sowie durch Eigenmittel des Vereins (Spenden, Mitgliedsbeiträge). Die Teilnahmegebühr für das Basisseminar beträgt 25 Euro.
Für ihre Unterstützungsangebote für Angehörige von Demenzkranken wurde die Angehörigenberatung e.V. mit dem bundesweiten BKK-Peis "Vorbildliche Praxis 2012 – Nicht erkrankt und dennoch betroffen" ausgezeichnet.

Kommentar im Projekt

"In Seminaren mit gemischter Zielgruppe nehmen Töchter sich häufig zurück angesichts der Belastung der oft selbst schon betagten und rund um die Uhr geforderten Ehepartner, ihre spezifischen Fragen bleiben ungehört … Mit unseren Bildungsangeboten für erwachsene Töchter demenzkranker Menschen leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung und Gesundheitsförderung für diese gesellschaftlich leider leicht übersehene Zielgruppe."

Kontakt

Angehörigenberatung e.V. Nürnberg
Ansprechpartnerin: Barbara Lischka
Adam-Klein-Straße 6, 90429 Nürnberg
Tel. 0911-266126
info@angehoerigenberatung-nbg.de
www.angehoerigenberatung-nbg.de

Stand der Projektinformation: Dezember 2012