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MoSi® – Mobilität und Sicherheit im Alter

Trainerin aktiv bei Bewegungseinheit mit Seniorengruppe

© Malteser Waldkrankenhaus St. Marien

Bereits 2004 entwickelte das Geriatrie-Zentrum Erlangen im Malteser Waldkrankenhaus einen fünfwöchigen ambulanten Trainings- und Präventionskurs: MoSi® – Mobilität und Sicherheit im Alter. Seit dem hat sich MoSi® zu einem zertifizierten Trainings- und Präventionsangebot für Seniorinnen und Senioren zum Erhalt der Mobilität und Verbessern von Gang- und Gleichgewichtsstörungen entwickelt. Nach rund 100 MoSi®-Kursen und vielen zufriedenen Seniorinnen und Senioren konnten durch die Förderinitiative „Gesund.Leben.Bayern.“ (G.L.B.) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege nun in den vergangenen zweieinhalb Jahren im Geriatrie-Zentrum Erlangen mehr als 80 MoSi®-Trainerinnen und -Trainer für die inzwischen 30 MoSi®-Trainingszentren ausgebildet werden, um das Präventionsangebot ausbauen zu können. Auch in Pandemiezeiten wurde an die Senioren gedacht und die Mitmachvideos „MoSi® to go“ zum Nachtrainieren zu Hause zur Verfügung gestellt.

Alle Informationen zum Präventionsangebot finden sich auf der Projekt-Webseite www.mosi-training.de.

Ein Blick hinter die Kulissen der Erfolgsgeschichte

Schriftzug: MoSi Mobilität und Sicherheit im Alter. Entwickelt vom Geriatrie-Zentrum Erlangen am Malteser Waldkrankenhaus St. Marien

Dr. Samuel Schülein, Physiotherapeut, MoSi®-Projektleiter und Leiter des Mobilitätslabors am Geriatrie-Zentrum Erlangen, beantwortet im Austausch mit dem ZPG Fragen zum Projekt, gibt einen Einblick in den Projektalltag und die Praxis eines G.L.B.-Antragstellers.

Wie waren die Anfänge des Projektes und was hat Sie dazu bewogen, das Angebot auszudehnen und hierfür einen Antrag für die Gesundheitsinitiative Gesund.Leben.Bayern. einzureichen?

Wir wissen, und das ist eine positive Entwicklung für unsere Gesellschaft und für jeden Einzelnen, dass die Lebenserwartung stetig wächst. Natürlich ist damit auch der Wunsch verbunden, das Alter möglichst lange gesund, aktiv und somit selbstbestimmt erleben zu dürfen. Gang- und Gleichgewichtsstörungen gehören zu den häufigsten Beeinträchtigungen bei älteren Erwachsenen. Sie führen zum Verlust der Unabhängigkeit, zu reduzierter Lebensqualität und tragen insbesondere zu einem erhöhten Risiko für Stürze bei. Dabei sind 21 - 39 % aller Stürze im Alter vermeidbar. Hierzu müssen präventive Maßnahmen ergriffen und die Betroffenen zur stetigen Umsetzung motiviert werden. Hieraus leitet sich die Bedeutung eines Trainings- und Präventionsprogramms wie MoSi® ab. Und genau darin besteht das Ziel des MoSi®-Trainings- und Präventionsprogramms: Der Erhalt einer hohen Lebensqualität und größtmöglichen Mobilität und Selbstständigkeit in Bezug auf die Alltagsteilhabe bis ins höchste Alter.

Logo der Initiative Gesund. Leben. Bayern. mit Apfel, Smiley, Wolken und Bayerischem Staatswappen

© StMGP

Gesundes Altern im selbstbestimmten Lebensumfeld ist eines der vier Handlungsfelder im Bayerischen Präventionsplan. Da ich der Ansicht bin, dass wir mit einer Ausdehnung des MoSi®-Angebots hierzu einen guten Beitrag leisten können, entschlossen wir uns, einen Antrag zur Förderung einer bayernweiten Implementierung des Trainings- und Präventionsprogramms für die Initiative Gesund.Leben.Bayern. einzureichen.

Was zeichnet MoSi® aus?

Mit nur fünf Wochen bietet MoSi® eine überschaubare Laufzeit. Unseres Wissens gibt es weltweit nur zwei evidenzbasierte Präventionsprogramme für diese Altersgruppe und eines davon ist MoSi®. Die Stunden bauen mit zunehmender Schwierigkeit aufeinander auf. Wir erfüllen die wissenschaftlich empfohlene Mindestzahl von zwei Trainingseinheiten pro Woche unter Anleitung. Die Teilnehmenden erhalten eine individuelle Leistungseinschätzung durch Assessmenterhebungen zu Beginn und bei Abschluss des Kurses.

Die speziell für das MoSi®-Konzept erstellte Trainings- und Dokumentationsbroschüre „MoSi®-Training für zu Hause“ animiert die Teilnehmenden durch „aktive Hausaufgaben“, eine dritte Trainingseinheit eigenverantwortlich durchzuführen und die Übungssequenzen nach Beendigung des Kurses weiter zu führen.

Die Wirksamkeit des MoSi®-Trainings- und Präventionsprogramms wurde bereits 2004 und nun im Rahmen des Projekts in einer weiteren Studie neu belegt. Das ist wichtig in Zeiten, in denen hohe Erwartungen in die Nachweisbarkeit unseres therapeutischen Handelns gesetzt werden.

Können Sie uns einen Einblick in die Arbeit und Erfahrungen der Trainerinnen und Trainer geben?

Mit der Ausweitung des Projektes ist es gelungen über 80 Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sportwissenschaftler, Sport- und Gymnastiklehrer zu MoSi®-Trainerinnen und -Trainern auszubilden. Neben der Gewinnung von zahlreichen Trainingsstützpunkten in allen bayerischen Regierungsbezirken war die zweitwichtigste Voraussetzung zur Erreichung eines flächendeckenden MoSi®-Angebots die Qualifizierung und Ausbildung einer ausreichenden Anzahl an lizenzierten MoSi®-Trainerinnen und -Trainern. Das Ausbildungskonzept beinhaltet insgesamt 30 Lehreinheiten, verteilt auf drei Fortbildungstage mit fundierten Theorie- und Praxisinhalten, der Edukation hinsichtlich eines Sturzrisikos, einer Sturzprophylaxe und -früherkennung sowie der Einweisung in das MoSi®-Konzept. Die Ausbildung schließt mit einer praktischen Prüfung ab.

Die Planung und Durchführung der Kurse erfordert selbstverständlich Engagement der Trainerinnen und Trainer. Wir, als Entwickler des Konzeptes, versuchen durch die Bereitstellung von Vorlagen und Kursunterlagen zur Bewerbung, Planung und Auswertung der jeweiligen Kurse, eine größtmögliche Unterstützung zu bieten.

Die durchweg positiven Rückmeldungen der teilnehmenden Seniorinnen und Senioren, Weiterempfehlungen, wiederholenden Teilnahmen und nicht zuletzt die objektiv messbaren Erfolge bestätigen das Konzept und belohnen die Trainerinnen und Trainer.

Gerade Präsenz-Kurse mit vulnerablen Zielgruppen wurden durch die pandemiebedingten Einschränkungen getroffen und standen vor neuen Herausforderungen. Wie sind Sie hiermit umgegangen?

Die Pandemie hat uns im März 2020 in einer Phase getroffen, in der wir gerade so richtig in Fahrt gekommen sind. Bereits begonnene MoSi®-Trainingskurse mussten abgebrochen werden, die Organisation und Planung für zukünftige Kurse wurde vorerst ausgesetzt und auch der zusätzliche Ausbildungskurs für neue MoSi®-Trainerinnen und -Trainer musste verschoben werden.

Während dieser Zwangspausen wurden für einige MoSi®-Übungen Videos zum Nachtrainieren erstellt. Diese sind auf unserem YouTube-Kanal unter dem Motto „MoSi® to go“ frei zugänglich: www.mosi-training.de. Ein Ersatz oder gar eine digitale Version des MoSi®-Trainings, das als Gruppentraining in Präsenz konzipiert ist, kann dies allerdings nicht sein. In Ausnahmezeiten wie der Pandemie war es jedoch wichtig, ein solches Angebot anzubieten.

Welche Erlebnisse mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kurse sind für Sie besonders eindrucksvoll?

In den Kursen kommt es neben der nachweislichen Leistungssteigerung auch zu einem Anstieg der allgemeinen Bewegungs-Motivation gepaart mit der Freude an Bewegung und dem zunehmenden Vertrauen in die eigene dynamische Gleichgewichtskontrolle und Kraftausdauerleistungsfähigkeit. So resümierte ein Teilnehmer: „Die Übungen sind einfach hervorragend. Ich fühle mich jetzt sicherer im Alltag. Das Übungsheft mit den festgelegten Hausaufgaben und dem Übungstagebuch motivieren mich auch zuhause weiter zu machen und zu üben“.

Die persönlichen Kontakte unter den Teilnehmenden führt häufig zu freundschaftlicher Verbundenheit und befreit teilweise aus bisheriger häuslicher Einsamkeit und Isolation. Diese Wirkung der Kurse ist nicht zu unterschätzten und war für uns ein besonderes Erlebnis, was wir in dieser Form nicht unbedingt erwarten konnten.

Welchen Tipp würden Sie aufgrund Ihrer Projekterfahrung Antragsstellerinnen und Antragstellern der Gesundheitsinitiative Gesund.Leben.Bayern. mit auf den Weg geben?

Ein Projekt zu planen, vor allem den finanziellen Bedarf über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren, erfordert eine gewisse Erfahrung. Daher lohnt es sich, sich diesbezüglich vorab gut beraten zu lassen.

Was ich immer wieder so tun würde, ist die „Kommunikationspflege“ mit dem LGL. Das ZPG berät fachlich und das Fördersachgebiet übernimmt die organisatorische Abwicklung. Wenn ich einen „Tipp“ geben darf, dann wäre es genau das: Einen regelmäßigen Informationsaustausch anzustreben über Stand und Entwicklung des Projekts. Ein „Projekt-Scout“ als fester Ansprechpartner und gegebenenfalls Supervisor von Seiten des Förderers würde ich als großen Vorteil für künftige Antragsstellerinnen und Antragssteller sehen.

Wenn Sie heute den Blick in die Zukunft wagen. Wo sehen Sie MoSi® in fünf bis zehn Jahren?

MoSi® wurde im Rahmen der Initiative „Gesund.Leben.Bayern.“ aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege bis einschließlich 31. März 2022 gefördert.

Seit April 2022 bauen wir die Akquirierung von MoSi®-Trainingszentren und damit die Ausbreitung des MoSi®-Präventions- und Trainingsprogramms auf ganz Deutschland, Österreich und die Schweiz aus. Aber auch in Bayern selbst gibt es noch Regionen, in denen Seniorinnen und Senioren zu weite Wege auf sich nehmen müssen, um an MoSi® teilzunehmen. Daher wünschen wir uns, dass wir zahlreiche weitere MoSi®-Trainingszentren gewinnen können, um einen möglichst leichten Zugang zum MoSi®-Training zu gewährleisten. Unsere Vision „Lebensqualität verbessern, die Selbständigkeit erhalten und das Sturzrisiko verringern“ soll möglichst vielen Seniorinnen und Senioren, national wie international, ermöglicht werden. Die körperliche Aktivierung, z. B. durch ein Training wie MoSi®, wird gerade für Seniorinnen und Senioren nach den Geschehnissen der pandemiedominierten Jahre einen noch größeren Stellenwert einnehmen. Wir freuen uns auf zukünftige Herausforderungen und die positiven Rückmeldungen der Seniorinnen und Senioren!

Zu unserer großen Freude haben wir während der Projektphase bereits eine in Brasilien lebende Sportwissenschaftlerin zur MoSi®-Trainerin ausgebildet, die das Kursprogramm in Sᾶo Paulo anbieten möchte. Denn gezielte und erschwingliche Präventionsprogramme seien dort, laut ihrer Aussage, nicht etabliert und MoSi® biete hier neue Impulse.

Es ist mir ein großes Anliegen, mich an dieser Stelle bei allen Projektbeteiligten und Partnern zu bedanken, die mit ihrem Engagement und ihrem Einsatz zum Erfolg unseres Projekts beigetragen haben – Vielen Dank!