"Guat beinand'!"

Ein Projekt zur kommunalen Suchtprävention im Landkreis Traunstein und Teil eines Interreg IIIa-geförderten Projekts im Raum Südostbayern / Salzburg

Die Ausgangssituation

In Gesprächen über das Konsumverhalten von Jugendlichen in der Region Traunstein / BGL wurde deutlich, dass diese in ihrer Freizeit Feste, Partys und Diskotheken in der gesamten Region Salzburg / Berchtesgadener Land und Traunstein besuchen. Es lag daher der Gedanke nahe, die suchtpräventiven Aktivitäten Landkreis- bzw. länderübergreifend aufeinander abzustimmen und dem "Revier" der Jugendlichen ein suchtpräventiv orientiertes Feld zu unterlegen.

Da es bereits gute Kontakte zu den Kolleginnen und Kollegen von Akzente e.V. in Salzburg und der Präventionsstelle der caritas-Fachambulanz in Reichenhall gab, war ein nächster Schritt, gemeinsam mit ihnen zu sehen, welche Projekte und Aktivitäten bisher in den einzelnen Fachstellen angeboten wurden und wie sich diese Einzelmaßnahmen als Module dafür eignen könnten, der Suchtprävention in der Region eine gemeinsame Struktur und Nachhaltigkeit zu geben.

Der Ansatz der kommunalen Suchtprävention schien uns dabei die richtige Idee zu sein, um unsere Absichten wirksam umsetzen zu können. Bisherige Erfahrungen der Salzburger KollegInnen zeigten, dass

  • hier das "Feingeflecht" des sozialen Nahraums erreicht wird,
  • die suchtpräventive Sichtweise in die einzelnen Sozialisationsinstanzen getragen werden kann,
  • damit nachhaltige Veränderungen erreicht werden können und
  • Maßnahmen vor Ort bedürfnisgerecht konzipiert werden können.

Da wir länderüberschreitend konzipierten, beantragten wir eine Förderung des Projekts durch das Interreg IIIa–Programm der EU. In einer Klausurtagung wurden die Grundlinien des Projekts festgelegt und später in die Antragssprache der EU übertragen sowie ein detaillierter Finanzierungsplan erstellt.

Diesem Antrag wurde Ende 2000 entsprochen, das Projekt konnte beginnen.

Zwischenzeitlich haben zwei Projektgemeinden, Kirchanschöring und Unterwössen, das Projekt durchlaufen, zwei weitere Gemeinden sind derzeit dabei, "Guat beinand'!" umzusetzen.

Das Konzept

"Guat beinand'!" ist ein Projekt zur Suchtvorbeugung auf kommunaler Ebene, dessen Kernstück die Arbeit einer ehrenamtlichen Trägergruppe aus der jeweiligen Projektgemeinde ist.

In der Trägergruppe sollen möglichst alle bedeutsamen Sozialisationsinstanzen einer Gemeinde vertreten sein, also Jugendliche, Eltern, ErzieherInnen aus den Kindergärten, Lehrkräfte, Vertreter der Vereine, die offene Jugendarbeit, Kirchen, Polizei, Gemeinderäte.

Diese Trägergruppe plant, initiiert, beschließt, begleitet und/oder unterstützt zusammen mit dem Projektkoordinator suchtpräventive Aktivitäten oder führt sie auch selbst durch. Bausteine hierfür sind die von den Fachstellen bisher konzipierten und erprobten Einzelprojekte.

1. Projektziele:

  • Aufbau, Schulung und Begleitung einer Trägergruppe, die sich längerfristig mit dem Thema "Suchtprävention" auseinandersetzt und in der Gemeinde vorbeugend tätig wird.
  • Engagierten Menschen in den Projektgemeinden zu vermitteln, welche suchtpräventiven Ansätze sinnvoll sind und warum dies so ist.
  • Schaffen von guten Bedingungen für ein gesundes Aufwachsen und ein suchtfreies Leben

2. Projektphasen:

  • Erstellen einer Projektbeschreibung und eines Angebotskatalogs von geeigneten Aktivitäten
  • Angebot an die Gemeinden
  • Vorstellung des Projekts im Gemeinderat / Stadtrat
  • Beschluss des Gemeinderats / Stadtrats
  • Gründung einer Trägergruppe
  • Schulung der Mitglieder einer Trägergruppe
  • Erhebung der Ist-Situation in der Gemeinde
  • Entwickeln eines Aktivitätenplans
  • Durchführung und Dokumentation der Aktivitäten
  • Sicherung der Nachhaltigkeit

Dauer eines Gemeindeprojekts: Etwa zwei Jahre
Begleitung und Projektabschluss durch die jeweilige Fachstelle.

Projektverlauf

1. Motivation der Kommunen

Was motiviert eine Gemeinde, im Bereich Suchtprävention aktiv zu werden? Sehr unterschiedliche Gründe können hier zu Grunde liegen:

  • es gab in letzter Zeit problematische, öffentlichkeitswirksame Vorfälle,
  • das Projekt passt gut in das Selbstbild der Gemeinde als verantwortungsbewusste Gemeinschaft, die schützend wirken will,
  • es gibt Druck von politischer oder öffentlicher Seite,
  • es gibt engagierte Gemeinderäte, Jugendbeauftragte, die bereit sind, das Projekt in der Gemeinde zu forcieren und im Verlauf zu leiten oder zu unterstützen.

Mit einer Ausnahme wurde "Guat beinand'!" von der politischen Gemeinde (Bürgermeister / Gemeinderäte) offensiv unterstützt. Es zeigte sich als wesentliche Voraussetzung dafür, dass das Thema vor allem von den Vereinen angenommen und in der Öffentlichkeit als relevant betrachtet wird.

2. Projektphasen

a) Beschluss des Projektes durch den Gemeinderat / Stadtrat

Das Projekt sollte zum Anliegen, zur Sache der Gemeinde werden. Es war daher notwendig, dazu einen Auftrag der politischen Gemeinde an eine künftige Trägergruppe zu erhalten, zu diesem Thema in den nächsten zwei Jahren zu arbeiten.

Die Gemeinde zeigt sich hier als Sensor für Entwicklungen, die einer Steuerung bedürfen und zeigt öffentlich Handlungsbedarf an.

b) Bildung der Trägergruppe

In der Trägergruppe sollten möglichst alle Bereiche, die Kinder / Jugendliche im Verlauf des Erwachsenwerdens durchlaufen, vertreten sein.

Dazu gehören Eltern, ErzieherInnen, Lehrkräfte, Jugendleiter / Trainer aus den Vereinen, engagierte Jugendliche, die Kirchen, die politische Gemeinde, z.B. Jugendbeauftragte, Gemeinderäte, Polizei und ärztlicher Sachverstand.

Von einer Initiativgruppe wurde bei einem ersten Treffen Listen von Personen und Einrichtungen erstellt, die zur Mitarbeit in der Trägergruppe motiviert werden sollen. Alle Benannten wurden persönlich angesprochen und zum ersten Treffen der Trägergruppe eingeladen. Darüber hinaus erhielten alle Vereine und Institutionen eine Einladung des Bürgermeisters zur Teilnahme am Projekt.

c) Schulung der Trägergruppe

Damit in der Trägergruppe wirksam und zielorientiert gearbeitet werden kann, ist es notwendig, ein gemeinsames Verständnis davon zu haben, was der Begriff "Suchtprävention" beinhaltet. In einer Schulungseinheit über entwicklungspsychologische Grundlagen, Ursachen von Suchtentstehung und den daraus resultierenden zeitgemäßen suchtpräventiven Ansätzen wird eine gemeinsame Sicht auf das Thema erarbeitet.

Es hat sich im Verlauf der einzelnen Projekte gezeigt, dass bei den Mitgliedern der Trägergruppe gerade in der Startphase eine gewisse Ungeduld vorhanden ist, endlich mit konkreten Aktivitäten zu beginnen. Dies wurde insofern berücksichtigt, als der Schulungsteil relativ kurz gehalten wurde und weitere Inhalte dann im Verlauf des Projekts eingeflossen sind, wenn entsprechende Klärungen notwendig wurden.

Folgende Themen wurden im Einzelnen bearbeitet:

  • Bedingungen der Suchtentstehung (TRIAS – Modell). Die relevanten Faktoren werden auf drei Schwerpunkte bezogen:
    - die Person
    - die Gesellschaft, das soziale Umfeld
    - die Droge
  • Grundlagen der Suchtprävention
    - Verweis auf die Datenlage im Bereich Sucht
    - Bezug auf Forschungsergebnisse
    - Grundlegende Ziele
  • Modelle von Suchtprävention
    - Abschreckung
    - Information
    - Lebenskompetenz–Modell
    - Integrativ–differenziertes Modell
  • Schwerpunkte suchtpräventiver Ansätze in den verschiedenen Lebensabschnitten
    -pränatal
    -Kleinkindalter
    -Schulkind
    -Jugendliche
    - (junge) Erwachsene

d) Erhebung des Ist-Standes

Zunächst gibt es von verschiedenen Einrichtungen Zahlen über suchtauffälliges Verhalten oder Suchtmittelmissbrauch in den Projektgemeinden. Diese Stellen sind:

  • Polizeidirektion
  • Jugendamt /Jugendgerichtshilfe
  • Justiz
  • Suchtberatungsstelle

Sozialraumanalyse des Landkreises

Alle diese Zahlen haben ein Manko: Sie zeigen nur einen Ausschnitt, einen Teil der Situation: Nur die Gerichtsauffälligen, die Beratungssuchenden, die Erziehungs-Auffälligen. Über die Konsumnormalität, über stillschweigende Toleranzen geben diese Zahlen keine Auskunft. Trotzdem sind sie einzelne Teile der Realität in der Gemeinde und damit Teil der Ist-Stands-Erhebung.

Ein sinnvoller Weg, ein Bild davon zu bekommen, wie der Konsumalltag in der Gemeinde aussieht, ist es, die Mitglieder der Trägergruppe zu ihren konkreten Erlebnissen und Erfahrungen zu befragen, sie zu sammeln, zu ordnen und mit der Trägergruppe zu diskutieren. Die Ergebnisse geben, zusammen mit den oben genannten Zahlen, eine brauchbare Grundlage dafür, zu überlegen, welche Schwerpunkte im Projekt gesetzt werden sollten.

Fragen zur Erhebung der Erfahrungen der Trägergruppe:

Erhebung Ist-Zustand

Erfahrungen der Teilnehmer:

  1. Welches auffällige Verhalten in Bezug auf Suchtmittelkonsum haben Sie im letzten Jahr bei Jugendlichen im Gemeindebereich beobachtet? (Rauchen, Trinken, Kiffen)
  2. Bei welchen Gelegenheiten, bezogen auf den Gemeindebereich (private Treffen, Vereinsfeste, Wirtschaften etc.) trinken Jugendliche nach Ihrer Erfahrung zu viel ?
  3. Können Sie auf Grund konkreter Hinweise eine Tendenz im Konsum von Suchtmitteln bei Jugendlichen im Bereich der Gemeinde erkennen? (Ort, Art des Suchtmittels, Alter, spezielle Gruppen etc.)
  4. Welche konkreten Erfahrungen gibt es in Bezug auf die Abgabe von Suchtmitteln an Jugendliche durch Wirte, Geschäfte, Tankstellen, Automaten, von privater Seite ?

e) Erstellen eines Aktivitätenplans

Die Ergebnisse der Ist-Stands-Erhebung werden von der Trägergruppe diskutiert, wobei sich bereits verschiedene Handlungsfelder für spätere suchtpräventive Aktivitäten abzeichnen, zum Beispiel Eltern, Vereine, Abgabestellen von Tabak und alkoholischen Getränken, die Schule(n) etc. Nach einer Auflistung dieser verschiedenen Handlungsfelder setzen die Mitglieder der Trägergruppe Schwerpunkte, indem die Nennungen bepunktet werden.

Nun ist klar, worauf das Hauptaugenmerk der Trägergruppe gerichtet ist. Die nächsten Fragen lauten:

  • Welche Aktivitäten wären sinnvoll?
  • Welche Aktivitäten können realistischerweise umgesetzt werden?
  • Wie viel soll man sich in einem Zeitraum von zunächst ca. sechs Monaten vornehmen?
  • Wann soll welche Aktivität beginnen?
  • Wer ist dafür verantwortlich?

Eine Hilfe dabei kann der Maßnahmenkatalog der Fachstelle sein, die dort auf bereits in anderen Gemeinden durchgeführte Aktivitäten verweist, ausgearbeitete Programme, Seminare oder längerfristige Projekte vorstellt. Die Trägergruppe kann aber hier auch eigene Ideen entwickeln, die sich sozusagen "maßgeschneidert" auf die konkrete Situation in der Gemeinde beziehen, zum Beispiel auf die verschiedenen Bauwägen, die sich Jugendliche organisiert haben und wo gelegentlich exzessiv getrunken wird.

Die Erfahrung in den bisherigen Projektgemeinden zeigt, dass ein starkes Bedürfnis danach da ist, ein eigenes Projektprofil zu schaffen, das sich eng an den Gegebenheiten in der Gemeinde orientiert. Konkret bedeutet dies, dass die einzelnen Module aus dem Maßnahmenkatalog verändert werden und dass neue Maßnahmen entstehen, nicht zuletzt auch, weil sehr unterschiedliche Ressourcen in der Trägergruppe vorhanden sind.

Ein Grundsatz dabei ist es, nichts von Seiten der Fachstelle durchzudrücken, was die Trägergruppe nicht will, sondern über Möglichkeiten zu informieren, Material anzubieten und zu sehen, wozu die Mitglieder der Trägergruppe oder einzelne darin vertretene Institutionen auch bereit sind.

Ist ein Einverständnis über die in den nächsten Monaten anzugehenden Aktivitäten gefunden, muss in einem Zeitplan festgehalten werden, welche Maßnahme wann initiiert werden soll und wer aus der Trägergruppe dafür verantwortlich ist.

f) Begleitung der Trägergruppe

Die Trägergruppe wird vom Projektkoordinator der beteiligten Präventionsstelle fachlich beraten und begleitet.
Zu Projektbeginn wird der Hauptteil der inhaltlichen Arbeit beim Projektkoordinator liegen, denn es ist die Motivation der Trägergruppe, die Einschulung, die Erstellung der Aktivitätenliste zu leisten, was im Schwerpunkt inhaltliche Arbeit bedeutet und damit ist die Fachlichkeit des Koordinators gefragt.

Geht es aber im Verlauf darum, die Umsetzung der Maßnahmen zu verfolgen, Ressourcen aus der Gemeinde zu finden, die dabei hilfreich sein können, um Organisatorisches, um die Aufrechterhaltung der Motivation, dann ist die Leitung der Trägergruppe gefragt, dann muss diese Arbeit aus der Gemeinde kommen und die Koordination hat die Aufgabe, den Prozess fachlich zu begleiten. Grundsätzlich gilt für die Begleitung der Trägergruppe durch den Projektkoordinator: "So viel wie nötig, so wenig wie möglich".

Spätestens nach einem Jahr wird durch den Koordinator eine Zwischenbilanz erstellt und der Trägergruppe vorgestellt. Darüber hinaus werden diese Ergebnisse in der Gemeindezeitung veröffentlicht.

Ein Beispiel dazu aus der Gemeinde Übersee nach etwa zehn Monaten:

Zwischenbilanz 11. November 2004
Projektbeginn:

1. Sitzung der Trägergruppe am 26. November 2003, seither weitere fünf Treffen

Nach der Bestandsaufnahme und der Erstellung eines Aktivitätenplans wurden folgende Maßnahmen verfolgt:

  • Trägergruppe erarbeitet Vorschläge dafür, wie die Gemeinde bei genehmigungspflichtigen Veranstaltungen suchtpräventiv wirken kann. (Modell 2 + 3)
    Dieses Modell wurde in Übersee beschlossen, die Gemeinde Übersee war hier die erste Gemeinde im Landkreis, die entsprechende Regelungen getroffen hat, inzwischen sind es 11 Gemeinden, die dieses oder ein ähnliches Modell beschlossen haben.
  • Von Anfang an diskutiert wurde die Frage, ob im Bereich der Schule und der Turnhalle Alkohol und Tabak verboten sein sollte. Anlässlich des Kinderfaschings gab es ein Gespräch mit Vereinsvertretern des TSV, Leuten aus der Trägergruppe und dem Bürgermeister. Vorschlag an Gemeinderat: Schule ja, Turnhalle grundsätzlich auch ja, Ausnahmen kann die Gemeinde genehmigen. Muss weiter diskutiert werden, ein Vorschlag liegt heute vor.
  • Elternarbeit: Das ist noch eine offene Baustelle.
    Im Kindergartenbereich hat uns leider Fr. Hummel vom Gesundheitsamt verlassen (Ansprechpartnerin Suchtprävention im Kindergarten)
    Vorschlag einer Elternzeitung im Boulevard-Stil steht noch, Frage ist, wer würde sich an der redaktionellen Arbeit beteiligen? Möglich sind natürlich Elternabende, die thematisch festgelegt sind, z.B. zum Thema "Alcopops".
  • Suchtprävention auf dem Reggae-Fest:
    Zehn Überseeer Jugendliche und junge Erwachsene waren bereit, auf dem Reggae-Fest suchtpräventive Arbeit zu leisten. Ausgebildet in ca. 20 Std. haben diese Leute in Zusammenarbeit mit Mindzone etwa 4.500 Besucher erreicht. Diese Aktion wurde auch vom Landrat Hr.Steinmaßl sehr gelobt, er hat die Akteure zu einem Treffen eingeladen. Die Wirkung beschränkt sich nicht nur auf das Reggae-Fest, die Peers wirken vor allem auch als Multiplikatoren und wir sind gerade dabei, zu überlegen, wie sie konkret in Übersee wirksam werden können.
  • Im Zusammenhang mit dem Reggae-Fest wurde in Übersee die Aktion "Schon 16?" begonnen. Hier werden die Abgabestellen von Alkoholika mit Aufklebern, einem Info-Blatt sowie mit Diskussionsstoppern ausgestattet, um zu verhindern, dass Jugendliche unter 16 Alkohol kaufen oder bestellen können und Jugendliche unter 18 keine Spirituosen oder spirituosenhaltige Getränke bekommen können.
  • Offene Jugendarbeit:
    War bei den Treffen immer wieder Thema, vor allem die Gruppe am Bach sowie die Bauwägen. Erika Stefanutti und Hans Kurz haben kürzlich die Initiatoren eines Bauwagens (hinter Hiendl-Schmied) getroffen und mit ihnen über den Suchtmittelkonsum im Bauwagen gesprochen. Die weiteren Bauwägen im Gemeindebereich Übersee werden im monatlichen Abstand ebenfalls aufgesucht werden, um sich vor Ort ein Bild darüber zu machen, wie die Sache einzuschätzen ist. Eine Möglichkeit wäre, dass die Betreiber der BauwägenAnsprechpartner für die Gemeinde benennen oder dass von Erwachsenen "Patenschaften" für Bauwägen übernommen werden.
  • Die Schule wurde in das Programm "Auf dem Weg zur rauchfreien Schule" aufgenommen. Drei Personen waren bei der Auftaktveranstaltung in Würzburg. Der Schule steht nun gutes Unterrichtsmaterial zum Thema "Rauchen" zur Verfügung. Im Juni 2005 wird es an der Schule eine Ausstellung zum Thema Tabakkonsum geben, in welcher gezeigt wird, dass sich Stars wie Sportler, Schauspieler oder Musiker klar gegen das Rauchen aussprechen.
  • Nebeneffekte: Keine Alcopops auf dem Seefest, keine Sektbar im Kindergarten. Vereine haben verschiedentlich auf den Verkauf von Alcopops verzichtet. Wichtigster Nebeneffekt: Es wird verstärkt über den Konsum von Alkohol und Tabak diskutiert.

Ablösung / Sicherung der Nachhaltigkeit

Das Projekt findet da seinen Abschluss, wo es begonnen hat: im Gemeinderat. Dort wird der Projektverlauf vorgestellt, einzelne Schwerpunkte erläutert und dargestellt, wie die Gemeinde sich weiterhin mit dem Thema "Suchtprävention" beschäftigen sollte. Das "Guat beinand'!"–Projekt macht nur dann Sinn, wenn es während des Projektverlaufs zu nachhaltigen Veränderungen in der Gemeinde kommt.

Was ist anders geworden, wenn das Projekt zu Ende geht? Welche Maßnahmen laufen weiter oder werden wiederholt? Gibt es langfristige Vereinbarungen? Hat sich die Sicht auf den Suchtmittelkonsum verändert? Gibt es weiterhin regelmäßige Treffen zwischen Präventionsstelle und Projektgemeinde?

Folgender Schlussbericht wurde zum Beispiel in der Projektgemeinde Kirchanschöring vorgestellt:

Abschlussbericht Dezember 04 / Kirchanschöring

Nach der Vorstellung des Projektes im Gemeinderat am 7. Januar 2003 und einem ersten Planungstreffen fand die erste Sitzung der Trägergruppe zum Projekt "Guat beinand'!" am 13. Februar 2003 statt. Seitdem fanden 12 reguläre Treffen der Trägergruppe statt. Die Bilanz nach diesen zwei Jahren sieht folgendermaßen aus:

  • Ca. 17 Jugendliche haben in der Fachschule für Gastgewerbe in Traunstein ein Barseminar besucht und dort gelernt, wie man attraktive alkoholfreie Früchtecocktails herstellt.
  • Diese Jugendlichen haben inzwischen bei vielen Gelegenheiten wie z.B. Schulfest, Feste des Trachtenvereins, Fischerfest, Elternabend etc. ihr Können bewiesen.
  • Dazu wurde die "Sansibar", eine transportable Bar der Caritas-Präventionsstelle, ausgeliehen.
  • Inzwischen hat die Gemeinde Kirchanschöring selbst eine Barausstattung angeschafft, um von der Ausleihe unabhängig zu sein.
  • Zur Zeit wird von Fridolfinger und Kirchanschöringer Schülern eine Sansibar gebaut.
  • Am 21. Mai 2003 gab es ein Informationstreffen für Vertreter der Vereine zum Thema "Guat beinand'!"
  • November 2003: Workshop mit Vertretern der örtlichen Vereine zum Thema Suchtprävention. Schwerpunkte waren sinnvolle Regelungen zum Umgang mit Suchtmitteln im Vereinsalltag und bei Vereinsfesten sowie alternative Möglichkeiten, Geld in die Vereinskasse zu bekommen.
  • Die Gemeinde befasst sich mit verschiedenen Auflagen zu genehmigungspflichtigen Veranstaltungen.
  • Dazu gab es ein Treffen mit den Vereinsvertretern. Die verschiedenen Vorschläge wurden diskutiert, der Vorschlag "Überseer Modell – 2 + 3" wurde als sinnvoll und gut beurteilt und als Vorschlag für die Gemeinde benannt.
  • Die Trägergruppe hat diesem Vorschlag ebenfalls zugestimmt, er wird dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. (Oktober 2004)
  • In Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche gab es im Verlauf des Firmunterrichts zwei Seminare zum Thema Suchtprävention.
  • Das Kindergarten-Fest fand alkoholfrei statt – und hatte ca. 300 Besucher!
  • Das Schulfest der Volksschule Kirchanschöring fand ebenfalls ohne alkoholische Getränke statt.
  • Im Oktober 2003 trafen sich Vertreter der Projektgemeinden Golling (Salzburger Land), Teisendorf und Kirchanschöring in Golling, um sich über die verschiedenen Aktivitäten auszutauschen und um zu sehen, welche Ideen und Aktivitäten die anderen Projektgemeinden entwickeln und umsetzen.
  • Über einen Elternbrief wurden die Schüler-Eltern über das Projekt informiert.
  • Ein weiterer Elternbrief zu den Themen "Cannabis" und "Alcopops" erscheint in der Gemeindezeitung.
    Der Kindergarten Kirchanschöring und die Schulen Kirchanschöring und Fridolfing stimmen ihre suchtpräventiven Aktivitäten untereinander ab.
  • Dem Kindergarten wird das Projekt "Spielzeugfreier Kindergarten" vorgestellt.
  • Der Kindergarten Kirchanschöring möchte im Kindergartenjahr 2004/05 nach Rücksprache mit dem Träger das Projekt "Spielzeugfreier Kindergarten" durchführen.
  • In der Schule Kirchanschöring wird inzwischen mit dem suchtpräventiven Programm "ALF" gearbeitet (5. und 6. Klassen).
  • In der Schule Fridolfing wird mit dem suchtpräventiven Programm "tools for schools" gearbeitet.
  • Ein Elternabend der Schule Kirchanschöring zum Thema Alkoholkonsum wurde mit Einsatz von Video, einer Befragung (und Auswertung) sowie dem alkoholfreien Angebot von leckeren Früchtecocktails an der Sansibar sehr kreativ und abwechslungsreich gestaltet.
  • Ein Elternabend zum Thema Alkohol- und Tabakkonsum fand für die Eltern der Schüler in der Fridolfinger Hauptschule statt.
  • Kirchanschöringer Jugendliche gestalten mit Hilfe einer ortsansässigen Künstlerin und entsprechender Computer-Software ein Plakat mit suchtpräventiver Botschaft, das auch als Aufkleber gedruckt und unter die Leute gebracht werden soll.
  • In einer Großveranstaltung mit Eisi Gulp (ca. 200 Besucher) wird das Thema Suchtmittelkonsum kabarettistisch vermittelt.
  • Beim "1. Internationalen "Guat beinand'!"-Menschenkicker-Turnier" gewinnt eine der drei Kirchanschöringer Mannschaften den Wanderpokal.

Nachhaltige Auswirkungen des Projekts in der Gemeinde Kirchanschöring:

  • Schule arbeitet kontinuierlich mit suchtpräventiven Programmen: ALF in der Volksschule Kirchanschöring (5. und 6. Klassen), "tools for schools" in der Volksschule Fridolfing für die 7. bis 9. Klassen.
  • Die Sansibar hat sich als gemeindeeigene Bar etabliert und wird bei Festen im Gemeindebereich eingesetzt.
  • Die Gemeinde hat sich ein Regelwerk (2 + 3) für genehmigungspflichtige Veranstaltungen geschaffen, das für künftige genehmigungspflichtige Feste gilt.
  • Jugendliche haben ein Plakat zum Thema Alkoholkonsum entworfen, das in hoher Auflage als Plakat und als Aufkleber gedruckt wird. Verbreitungsgebiet ist dann der gesamte Landkreis Traunstein.
  • Kindergarten wird das Projekt "Spielzeugfreier Kindergarten" im Frühjahr 2005 durchführen.

Sicherung der Nachhaltigkeit:

Künftig werden sich Mitglieder der Trägergruppe und die Präventionsstelle der Caritas jeweils im Frühling und im Herbst jeden Jahres treffen, um über aktuelle Tendenzen und Notwendigkeiten zu beraten.

Die ersten Projekt-Folgetreffen haben nun stattgefunden und es zeigt sich, dass die weiterhin laufenden Maßnahmen immer wieder reflektiert werden müssen, dass zum Beispiel die Wirksamkeit der Auflagen einer Gemeinde für Festveranstaltungen diskutiert und gesichert werden muss etc. Hier wird die Sensibilität für den Umgang mit Suchtmitteln und süchtigem Verhalten und die Bereitschaft der Kommune wachgehalten, ihre Verantwortung wahrzunehmen.

Resümee

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass das Projekt über die einzelnen Maßnahmen hinaus dazu führt, dass sich in den Gemeinden der Blick auf das Thema Suchtmittelkonsum verändert. Unabhängig von den Aktivitäten der Trägergruppe gab es plötzlich alkoholfreie Feste, einen Verzicht auf den Verkauf von Alcopops bei verschiedenen Vereinsfesten, Einlasskontrollen usw., was zeigt, dass über die einzelnen Aktivitäten hinaus ein Prozess der Veränderung in Gang gekommen ist, von dem wir hoffen, dass er sich über die Beteiligung weiterer Kommunen ausdehnt und gesichert wird. Das Projekt ist damit der Beginn von suchtpräventiven Veränderungen, und diese müssen weitergeführt werden.

Anmerkungen

Der Projektverlauf in den Gemeinden wurde unterstützt durch die Erfahrungen der Kollegen in Bad Reichenhall (Armin Körner) und Salzburg (Gerald Brandner).

Das Projekt in allen drei beteiligten Regionen wurde extern evaluiert durch Herrn Wilfried Görgen, Firma FOGS GmbH Köln. Die Tabellen und Übersichten entstammen dem Endbericht der Fa. FOGS. Sie beziehen sich auf die Auswertung der erhobenen Daten aus sieben Gemeinden der Region Salzburg / Berchtesgadener Land / Traunstein.

Kontakt

Hans Kurz
Caritas-Zentrum Traunstein
Fachambulanz für Suchkranke
Herzog-Wilhelm-Straße 20
83278 Traunstein
Tel. 0861-98877-41
Fax 0861-98877-40
hkurz@caritasmuenchen.de

Stand der Projektinformation: 2005