Ein Seniorenzentrum gerät in Bewegung – Gesundheits-Challenge 2016

Ein Projekt zur Gesundheitsförderung von Beschäftigten und Bewohnern des Seniorenzentrums der Sozialstiftung Bamberg Altenhilfe gGmbH

Jutta Weigand, Sozialstiftung Bamberg Altenhilfe gGmbH

Ausgangslage

Der demografische Wandel ist ein gesamtgesell-schaftliches Phänomen; die Folgen dieser Entwicklung sind in einem Seniorenzentrum besonders offensichtlich. Durch den sinkenden Anteil der Nachwuchskräfte und den steigenden Anteil von älterem Pflegepersonal ist der Fachkräftemangel in diesem Teil des Gesundheitsmarktes besonders gravierend. Die Anzahl an pflegebedürftigen Älteren wird weiter stetig wachsen.

Zielsetzung

Um diesem Szenario besser und auch langfristig gerecht zu werden, will das Seniorenzentrum der Sozialstiftung mit dem Projekt „Ein Seniorenzentrum gerät in Bewegung – Gesundheits-Challenge 2016“ eine Basis bilden, um seinen Mitarbeitern ein gesundes Altern in ihrem Beruf zu ermöglichen und gleichzeitig die Bewohner zu aktivieren.

Das besondere dieses Projekts ist der ganzheitliche und gesellschaftliche Ansatz. Die Bewegung und die Freude daran sollen sowohl die Senioren als auch das Personal bereichsübergreifend erreichen und in Schwung bringen.

Neben der Verbesserung von Wohlbefinden und Fitnesszustand der Belegschaft verspricht sich das Seniorenzentrum eine nachhaltige Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz der Mitarbeiter und damit die Hinführung zu einem eigenverantwortlich geführten, gesunden Lebensstil.

Eine weitere Zielsetzung ist eine verbesserte Identifikation mit dem Unternehmen und eine Attraktivitätssteigerung für potentielle neue Arbeits- und Pflegekräfte. So kann die Mitarbeiterfluktuation verringert werden und ein besseres Betriebsklima entstehen.

Kernthemen des Projekts

  1. Hoher Motivationscharakter durch die Challenge
    Das Projekt besteht aus einer Gesundheits- Challenge zwischen den verschiedenen Wohn-bereichen des Seniorenzentrums. Die Teilnahme an gesundheitsfördernden Maßnahmen wie zum Beispiel zielgruppenspezifischen Bewegungsprogrammen, Arbeitsplatzcoaching, Entspannungs-oder Kochkursen wird mit Punkten bewertet. Dieser Wettkampfcharakter soll die Motivation zur Teilnahme an Kursen und aktiven Maßnahmen auch in der Freizeit optimieren.
  2. Einbindung der Gesundheits-Challenge in den beruflichen Alltag
    Durch die Ausbildung von „Gesundheitslotsen“ wird die Punktevergabe auch fest im Arbeitsalltag integriert: Jeder Lotse kann zusammen mit anderen Mitarbeitern auch während des Arbeitsalltags Punkte durch gesundheitsförderliche Maßnahmen sammeln. Sowohl die Durchführung von gezielter Gymnastik am Arbeitsplatz als auch ein Spaziergang in der Mittagspause kann in die Bewertung einfließen.
  3. Ganzheitlicher Ansatz: Partizipation der Bewohner an der Challenge
    Das Punktesystem verknüpft Gesundheits-förderung von Mitarbeitern und Bewohnern des Seniorenzentrums. Jede gesundheitsförderliche Aktivität mit Bewohnern wird besonders bewertet und in der Challenge dem entsprechenden Wohnbereich angerechnet. Hierfür wird vor Beginn der Challenge eine Teilgruppe der Mitarbeiter zu Bewegungscoaches ausgebildet, die für die gesteigerte Aktivität der Bewohner verantwortlich sind.

In dem vorher fest gelegten Zeitraum für den Punkteerwerb werden die aktiven Maßnahmen stetig erfasst und die aktuelle Punktezahl in allen Bereichen veröffentlicht.

Die Gewinner (eine Gewinnergruppe Mitarbeiter/eine Gruppe Senioren) der Challenge erhalten einen Sachpreis mit vorher definiertem Wert. Der Preis wird, wenn möglich, von der jeweiligen Gruppe gemeinsam eingelöst, zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls.

Umsetzung und Ablauf

1. Screening und Analyse der Arbeitsbereiche

Das Projekt beginnt mit einer Vorbesprechung in allen Arbeitsbereichen und besteht aus der Mitarbeit eines qualifizierten Therapeuten direkt vor Ort.

Anhand der aktiven Einbindung in den Arbeitsprozess und dem direkten Austausch mit den Mitarbeitern analysiert und beobachtet der Therapeut die arbeitsplatzbezogenen Bewegungsabläufe und physiologischen Körperbeanspruchungen. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, mit dem einzelnen Mitarbeiter eine individuelle Gesundheitsberatung im Rahmen der Analyse durchzuführen.

Mitarbeit eines Therapeuten in jedem Arbeitsbereich:

  • Vertrauensbildung
  • Akzeptanz der Maßnahme unter den Mitarbeitern
  • Erfahrung der Arbeitsbelastung und Bewegungsabläufe durch den Therapeuten
  • Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema Gesundheit
  • Dokumentation der ergonomischen Situation, Arbeitsorganisation oder der belastungstypischen Arbeitsbewegung
  • Auswahl eines möglichen Lotsen
  • individuelle Gesundheitsberatung.

Die physiologischen Anforderungen der Mitarbeiter sowie die sich daraus ergebenden Bewegungsmuster werden dokumentiert. Dies ermöglicht eine gezielte Analyse der Beanspruchungen.

2. Lotsenschulung „Train-The-Trainer“

Als Gesundheitslotsen identifizierte Mitarbeiter (je eine pro teilnehmendem Arbeitsbereich) werden zu verschiedenen Themen unmittelbar nach Abschluss von Modul 1 gezielt geschult.

Individuelle Schulung der Lotsen:

  • Grundlagen, Aufgaben von Gesundheitslotsen
  • Beanspruchung, Belastungsfolgen und Bewegungsmangel
  • Ergonomie, Training und Ausgleich
  • Stressbewältigung und soziale Kompetenz

Die Einrichtung von Gesundheitslotsen bzw. Multiplikatoren ermöglicht erst die Teilnahme an der Challenge, das heißt stellt ein Arbeitsbereich keinen Lotsen, kann er nicht an der Challenge teilnehmen. Somit wird nicht nur die Steuerung der Punktever-gabe, sondern auch der gesamten Maßnahme ge-sichert. Die Kenntnis der Zusammenhänge im Hinblick auf arbeitsplatzbezogene Bewegungsmuster und körperliche Beanspruchungen schafft nicht nur ein fundiertes Basiswissen, sondern fördert auch die Akzeptanz und unterstützt Führungskräfte bei der zielgerichteten Motivation der Mitarbeiter. Die Gesundheitslotsen sollen das Thema Gesundheit nachhaltig fokussieren und werden dahingehend auch geschult.

Inhalt Information Punkte
Kursteilnahme Praxis 3
Seminarteilnahme Theorie 3
BIA Messung am Kick-off Tag Event, Individualberatung 1
Aktivität mit Gesundheitslotsen (Bereichsübergreifend) zum Beispiel Spaziergang Mittagspause (10 Minuten), Ausgleichsübungen (10 Minuten) 2
Bewegung mit Bewohnern durch Betreuungskräfte mindestens 20 Minuten 1
YoungGo mit Bewohnern durch Betreuungskräfte mindestens 20 Minuten 2
Teilnahme eines Mitarbeiters an Bewegung mit Bewohnern nur mit Betreuungskraft 3

3. Challenge der Arbeitsbereiche
Mit Modul 3 sollen die Mitarbeiter gezielt in Bewegung geraten. Mit einer Kick-Off-Veranstaltung startet die Challenge; optional können Mitarbeiter währenddessen einen sportdiagnostischen Test mit individueller Beratung durchführen. Die zielgerichteten, aktiven Inhalte und Maßnahmen der Challenge werden durch die Analyse und später in den Schulungen durch die Mitarbeit der Lotsen erarbeitet. Somit können alle Mitarbeiter die Challenge aktiv mitgestalten und der Motivationscharakter, an Bewegungseinheiten teilzunehmen ist noch größer. Sämtliche Maßnahmen werden von qualifizierten Sport-, Physio- und Bewegungstherapeuten durchgeführt.

Auszug aus dem Maßnahmenkatalog:
Um eine möglichst große Zahl an Mitarbeitern aus dem Schichtdienst zu erreichen, ist das aktive Kurs-und Seminarprogramm zu attraktiven Zeiten platziert. Den Teilnehmern stehen für jede Einheit je ein Termin vor und ein Termin nach der Arbeitszeit zur Auswahl. Durch die abwechslungsreichen Inhalte und Bewegungsangebote gibt es die Möglichkeit, die richtige Gesundheitssportart und Methode für sich selbst zu finden, um langfristig aktiv und gesund zu bleiben. Abhängig von den Teilnehmern besteht die Möglichkeit, weitere Inhalte und Sportarten, sofern diese umsetzbar und inhaltlich sinnvoll sind, mit in das Konzept zu integrieren.
Zusätzlich zu den aktiven Maßnahmen werden aus der Analyse verschiedene Seminarinhalte abgeleitet aus den Themenkomplexen

  • Stressbewältigung und soziale Kompetenz
  • Bewegung und Ausgleich
  • gesunde Ernährung
  • Rückenschule

Ergebnisse und Feedback

Der Sozialstiftung Bamberg Altenhilfe gGmbH war es besonders wichtig, dass eine hohe Anzahl an Mitarbeitern und Bewohnern mit dem Wettbewerb erreicht wird.

Es sollte kein Nischenangebot für Bewegungs-freudige werden. In enger Zusammenarbeit mit dem Projektteam der Sozialstiftung Bamberg saludis gGmbH wurde ein passgenaues Angebot erstellt.

Die untenstehende Tabelle zeigt wie hervorragend dies gelungen ist:

Nach der Kick-off Veranstaltung ging geradezu eine „Welle“ der Beteiligung durch das Seniorenzentrum und es entstand sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Bewohnern ein Wettkampffieber. Das Aushängen der Punkte der Einzelnen „stachelte“ manche Teams besonders an und das gemeinsame Aktivsein wurde noch verstärkt.

Die Idee, dass sich Bewohner und Mitarbeiter gemeinsam im Arbeitsalltag bewegen, vor Ort in den Wohnbereichen, wurde gut angenommen. Sicherlich auch, weil es dafür eine bewusst hohe Anzahl an Punkten gab.

Die Lotsenfindung war nicht einfach, aber die geschulten Lotsen sind mit hohem Engagement an ihre Aufgabe herangegangen und haben versucht die Kollegen in ihren Bereichen mitzureißen.

  Bewohner Mitarbeiter
Dauer in Wochen bis zum 08.09.2016 20 24
Gesammelte Punkte gesamt 3.180 1.355
Teilnehmer in Bewegung * 2.376 600
Bewohner in Bewegung pro Woche 119
Dauer einer Einheit in Minuten 20
Bewohner/Mitarbeiter in Bewegung in Stunden insgesamt 799 299
Bewohner in Bewegung in Stunden pro Woche 39,5
Mitarbeiter in Bewegung pro Woche 25

* Anzahl aller Teilnahmen an den Maßnahmen

Sowohl die Preisübergabe für das Siegerteam als auch das Fest der besten Bewohner wurden gut angenommen und haben das Gemeinschaftsgefühl der Gruppen verstärkt. Es bleibt abzuwarten, ob das Mitarbeiterteam den Eventgutschein tatsächlich im Sommer gemeinsam einlösen wird. Insgesamt wurde die Gesundheitschallenge sehr gut von den Mitarbeitern und Bewohnern aufgenommen. Neben den positiven Effekten der Bewegungseinheiten für die Gesundheit der einzelnen Teilnehmer, der Wissensvermittlung und den neuen zwischenmenschlichen Kontakten, ist auch ein Gesamtgefüge entstanden, welches als organisatorisches Grundgerüst für weitere Maßnahmen dient.

Das Nachfolgeprojekt ist vom Regelwerk und in den Veröffentlichungen ähnlich. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt im Thema Achtsamkeit.

Spannende Projekte und Angebote warten in 2017 auf Mitarbeiter und Bewohner: Spiegelzeit (Mitarbeiter schlüpfen in die Rolle von Bewohnern), Drums alive, Achtsamkeitsstellwände, frische Smoothies, Powernapping, Aquagymnastik, Ethiksalon und vieles mehr.

Kontakt

Sozialstiftung Bamberg Altenhilfe gGmbH
Ansprechpartnerinnen:
Jutta Weigand, Alexandra Kerndler
St.-Getreu-Straße 1, 96049 Bamberg
Telefon: 0951-50330102
alexandra.kerndler@sozialstiftung-bamberg.de

Stand der Projektinformation: Juli 2017