Gesundes Karlshuld

Gemeindenahe Gesundheitsförderung im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen

Wolfgang Kaiser

Das Grundkonzept zum Projekt "Gesundes Karlshuld" wurde entwickelt und initiiert von der "Gemeindenahen Gesundheitskonferenz" (GGK) im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen unter Leitung und Moderation des Gesundheitsamtes. Ziel war es, einen gemeindenahen Ansatz zur Gesundheitsförderung auf breiter Basis zu schaffen, und diesen langfristig von Gemeinde zu Gemeinde auf den gesamten Landkreis auszuweiten. Ein fünfköpfiges Tutorenteam der GGK begleitet bis heute die dreijährige Modellphase des Projektes, für die die Gemeinde Karlshuld aufgrund ihrer guten Infrastruktur ausgewählt wurde. Es wurde bewusst der ländliche Bereich des Landkreises angesprochen (Gemeinden bis 5.000 Einwohner), gleichwohl erschien es wichtig, vor allem für die Modellphase eine breite gesundheitliche und soziale Versorgung – von Ärzten, Apotheken bis zur Fußpflegerin, von der Sozialstation über Physiotherapeuten bis zum Sportverein, aber auch privat an der Gesundheitsförderung interessierte Personen – zur Verfügung zu haben und zur Mitarbeit zu gewinnen.

Inspiriert wurde das GGK-Konzept "Gesundes Karlshuld" durch Vorbilder aus der Steiermark und Oberösterreich. Ein gravierender Unterschied hierzu liegt jedoch in der Tatsache, dass in Bayern derzeit weder grundlegende staatliche Fördergelder für gemein-denahe Gesundheitsförderung noch ein öffentlich-rechtliches Gesundheitsförderungsinstitut mit hauptamtlichen Spezialisten zur Verfügung stehen. Es mussten somit andere Organisations- und Finanzierungswege gefunden werden. Die GGK entschloss sich, ein eigenes Tutorenteam unter Leitung des Gesundheitsamtes zur Betreuung der Anlaufphase nach Karlshuld zu entsenden, obwohl dies eigentlich nicht primäre Dienstaufgabe des Gesundheitsamtes war.

Das Tutorenteam leitete auf diese Weise den Arbeitskreis aus vor Ort wohnenden Ehrenamtlichen, die ihre Lebenssituation und Verhältnisse in ihrem Ort wohl am allerbesten kennen, an, sämtliche Prozesse und Entwicklungen eigenständig zu beschließen und zu steuern. Hier liegt folglich auch der Modellcharakter des Projektes in Bayern und Deutschland.

Beginn im Jahr 2004
Themenschwerpunkte Bewegung, Ernährung, Wohlfühlen und Medizin

Im Jahr 2004 startete das "Gesunde Karlshuld" offiziell mit der Vorstellung beim Bürgermeister und später im Gemeinderat, der einstimmig die Durchführung und für die Dauer von vier Jahren ein jährliches kommunales Budget von 1,- € pro Einwohner beschloss.

Nun begann die Suche nach Mitarbeitern. Aus einer ersten Informationsveranstaltung, zu der weit über 100 in Frage kommende Personen eingeladen wurden, kristallisierte sich ein Kreis aus knapp 30 tatsächlich interessierten und zur Mitwirkung bereiten Personen heraus. Dieser ursprüngliche Kreis hat sich zwischenzeitlich personell leicht verändert, und zählt heute 22 Aktive. Nach Festlegung struktureller Grundlagen ging der Arbeitskreis, der sich nun monatlich traf, mit viel Engagement in die inhaltliche Arbeit und legte sich in vier Untergruppen auf die vorrangigen Themenschwerpunkte Bewegung, Ernährung, Wohlfühlen und Medizin fest. Langsam wurde immer deutlicher, dass der Arbeitskreis es als seine Aufgabe sah, in Karlshuld neue und zusätzliche gesundheitsfördernde Angebote zu schaffen, und die Bewohner des Ortes entsprechend ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten zum Mitmachen zu mobilisieren. Es sollte Spaß und Eigenverantwortung an der Erhaltung und Förderung der eigenen Gesundheit vermittelt, der Lebensstil und ggf. sogar die Lebensweise verändert, und dabei eine möglichst breite Öffentlichkeit angesprochen werden – jede Altersstufe, jedes Geschlecht, jede soziale Schicht und vor allem auch die "Bisher-noch-weniger-Aktiven". Die Erstellung eines derartigen Programmangebotes nahm den Rest des Jahres in Anspruch, da zudem zahlreiche begleitende Maßnahmen notwendig waren wie ein Logo-Wettbewerb, die Erstellung einer Homepage im Internet, die graphische Aufbereitung von Schriftenmaterial und vor allem viel Pressearbeit, um die Bevölkerung auf das Projekt vorzubereiten und neugierig zu machen.

2005: Neue und zusätzliche gesundheitsfördernde Angebote im ersten Jahresprogramm

Im März 2005 erhielt das Gesundheitsamt als Projektinitiator die positive Nachricht einer finanziellen Förderung im Rahmen von "LEADER+ - altbayerisches Donaumoos" durch den Freistaat Bayern und die Europäische Union. "LEADER+" fördert innovative, neuartige Projekte aus dem Gesundheits- und Umweltbereich mit bis zu 50 Prozent. Das "Gesunde Karlshuld" erfüllte die straffen Anerkennungskriterien mit Bravour. Die Mitteilung kam auch noch gerade rechtzeitig, wenige Tage vor dem offiziellen Startschuss mit einem großen Aktionstag in Karlshuld. Dieser Tag leitete zugleich auch den Beginn des erarbeiteten Jahresprogramms ein. Etwa 1.000 Besucher kamen zum Aktionstag und informierten sich über das Projekt, die Angebote und die beteiligten Institutionen. Es herrschte sehr großes Interesse an Darbietungen, Präsentationen und spielerischen Elementen.

Auch das Jahresprogrammheft fand ab diesem Tag reißenden Absatz. 56 gesundheitsfördernde Angebote und Kurse (zum Teil mit bis zu 12 Einzelveranstaltungen im Jahr) wurden darin präsentiert, unterteilt in die Themenbereiche Wohlfühlen/Entspannen, Ernährung, Angebote für Kinder, Bewegen und spezielle Angebote. Und von der progressiven Muskelrelaxation über "Schnupperwellness" bis zur Besinnung im Advent, vom Vortrag über Wasser oder Lebensmittelzusatzstoffe über den Aktionstag "Gesundes Gemüse" bis zum Koch- oder Abnehmkurs, vom Radfahrtraining für Kinder über Fantasiereisen bis zum autogenen Training für Kinder, vom Tanzkurs über Fahrradtouren bis zur Wirbelsäulen- und Seniorengymnastik, und vom Vortrag über Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht über Erste-Hilfe-Kurse bis zu Tipps und Tricks beim Tragen von Kontaktlinsen und vielen weiteren Themenbereichen – es war wirklich für jeden etwas im Angebot. Zwei Aktionssonntage der beiden Karlshulder Sportvereine mit Vorführungen, Information, Spiel und Spaß ergänzten das Angebot.

Gegen Jahresende zeigte sich, dass fast alle Einzelprojekte sehr gut angenommen worden waren. Die Kurse und Veranstaltungen wiesen hohe Teilnehmerzahlen auf, und mehrfach erhielt der Arbeitskreis den Dank und die Rückmeldung der Bevölkerung, dass so mancher seit dem Projekt "Gesundes Karlshuld" wesentlich aktiver sei und mehr auf die Erhaltung der eigenen Gesundheit achte.

Als zusätzlicher Anreiz neben dem persönlichen Gewinn für die eigene Gesundheit wurde die Teilnahme an jeder Veranstaltung mit einem Stempel in einem sogenannten Gesundheitspass quittiert. Für 10 Stempel innerhalb eines Aktionsjahres gab es ein kostenloses T-Shirt mit dem Projektlogo und dem Slogan "Mach mit – sei fit!", für 20 oder mehr Stempel die Teilnahme an der Verlosung eines Wellness-Wochenendes für zwei Personen in einem Hotel in Bad Gögging. Für die Aktiven war allein schon das T-Shirt ein sehr begehrtes Objekt, da es die Teilnahme an den Veranstaltungen zum Ausdruck brachte. Erst recht aber zählte die Option auf den Gewinn des Wochenendes, das Anfang Januar 2006 verlost wurde und die Gewinnerin restlos begeisterte.

Jahresprogramm 2006

Mit diesen Erfolgserlebnissen ging der Arbeitskreis "Gesundes Karlshuld" bereits ab Herbst 2005 planerisch in sein zweites Projektjahr. Das neue Jahresprogramm 2006 enthielt diesmal sogar 59 Angebote, und man konnte aufgrund des vergangenen Jahres und der im Sommer erfolgten Bürgerbefragungen thematisch gezielter und effektiver planen. Zum Teil waren es altbewährte, zum Teil auch neue Programmangebote, vor allem wurde aber wiederum auf eine möglichst große Vielseitigkeit geachtet. Und als altbewährt blieb auch die Gewinnoption auf T-Shirt und Wellness-Wochenende erhalten.Mitte September dieses Jahres wurde in Kooperation mit der Umweltbildungsstätte "Haus im Moos", die ebenfalls Mitglied des Arbeitskreises "Gesundes Karlshuld" ist, die Sommersaison abgeschlossen mit einem großen Aktionstag, der als Familientag mit einem umfangreichen Programm ca. 500 Besucher anlockte.

Wissenschaftliche Begleitung

Im Frühjahr 2005 sprang auch das Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth, dem das Gesundheitsamt das Projekt angetragen hatte, auf den fahrenden Zug des "Gesunden Karlshulds" auf. Nach mehreren Verhandlungen übernahm die Universität die Aufgabe, das Projekt wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren. Zu diesem Zweck wurde unmittelbar nach der Auftaktveranstaltung von Bayreuth aus eine repräsentative Telefonbefragung von 314 Karlshulder Bürgerinnen und Bürgern nach ihrem Gesundheitswissen und -verhalten durchgeführt, die dann nach drei Jahren zum Ende der Projektphase noch einmal wiederholt werden soll. Die Erstauswertung der Befragung wurde dem Arbeitskreis vorgelegt, der versuchte, die Ergebnisse in die Programmgestaltung einfließen zu lassen.

"… und wie geht's Dir?" Suchtprävention in der Schule

Ein einziger Themenbereich, der von Beginn der Planungen an im Raum stand, blieb im Arbeitskreis leider personell unbesetzt: die Suchtprophylaxe. Diese übernahm dann kurzerhand das Gesundheitsamt Neuburg-Schrobenhausen im Rahmen seiner Präventionstätigkeit. Sozialpädagoge Wolfgang Kaiser entwickelte hierzu das Rahmenkonzept für einen über zwei Schuljahre hinweg begleitenden Unterricht in Sachen Suchtprävention und Lebenskompetenzen mit dem Titel "... und wie geht's Dir?". Zusätzlich wurden für diese Klassen in Absprache mit Schule und Eltern schulärztliche Untersuchungen von Amtsarzt Dr. Donhauser auf freiwilliger Basis sowie eine Schüler- und Elternbefragung angeboten. Die Volksschule Karlshuld stellt mit großem Engagement von Schulleitung und Klassenlehrern hierfür je vier Doppelstunden pro Klasse und Schuljahr zur Verfügung und unterstützt das Teilprojekt in jeglicher Hinsicht.

Öffentlichkeitsarbeit

Wichtigste Medien zur Verbreitung des Projektes "Gesundes Karlshuld" waren und sind natürlich die beiden Zeitungen des Landkreises sowie die regionalen Rundfunk- und Fernsehsender, insbesondere aber auch das örtliche Gemeindeblatt, in dem das Projekt "Gesundes Karlshuld" zwischenzeitlich einen festen und dauerhaften Platz gefunden hat. Es werden regelmäßig sowohl alle aktuell anstehenden Programmangebote als auch die Sitzungsberichte des Arbeitskreises veröffentlicht.

Ein weiteres Verbreitungsmedium ist die Homepage zum Projekt "Gesundes Karlshuld", die unter der Adresse www.neusob.de/gesundes-karlshuld oder über die Gemeindeseiten erreicht werden kann. Die Homepage wurde als Kooperationsprojekt mit der Paul-Winter-Realschule Neuburg von einem damaligen Schüler der zehnten Klasse kreiert.

Perspektiven

Langfristig wird im Projekt "Gesundes Karlshuld" der Effekt eines Selbstläufers angestrebt. Um dies zu erleichtern, wurde von Beginn des Projektes an sehr viel Wert auf die Eigenständigkeit des Arbeitskreises in allen Entscheidung und Beschlüssen gelegt. Das Gesundheitsamt und die Tutoren der GGK gaben deshalb von jeher lediglich beratende Hilfestellungen. Der Arbeitskreis hat zwischenzeitlich eine gewählte Sprecherin. Nun soll bis ca. Ende des Jahres 2006 langsam die Tutorenfunktion der GGK ausklingen, damit die personellen Kapazitäten es erlauben, mit dem Projekt baldmöglichst in einer nächsten Gemeinde des Landkreises zu beginnen. Auch dort soll sich dann als Dreh- und Angelpunkt des Projektes wieder ein Arbeitskreis bilden. Allerdings könnte der konkrete Verlauf theoretisch auch eine ganz andere Richtung nehmen, da auch in Karlshuld der Arbeitskreis selbst, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten, den Weg bestimmt hat.

Nach der dreijährigen Modellphase des Projektes in Karlshuld steht zum Abschluss noch die Verleihung eines Prädikates "Gesundes Karlshuld" an, mit dem die Gemeinde für ihre finanzielle Unterstützung und ihre aktive Mitwirkung auch einen positiven Werbeeffekt erhalten soll. Der vorrangige Dank aber soll allen Mitarbeitern im Arbeitskreis "Gesundes Karlshuld" gelten. Nur durch ihr unermüdliches freiwilliges und unentgeltliches Engagement konnte dieses für eine so kleine Gemeinde beachtliche Projekt auf die Beine gestellt werden, das zwischenzeitlich einen großen Bekanntheitsgrad auch über die Landkreisgrenzen hinaus erreicht hat.

Kontakt

Gesundheitsamt Neuburg-Schrobenhausen
Müller-Gnadenegg-Weg 1, 86633 Neuburg an der Donau
Ansprechpartner: Dr. Johannes Donhauser, Wolfgang Kaiser
Tel. 08431-57-500, Fax 08431-57-519
wolfgang.kaiser@neusob.de
www.neusob.de/gesundes-karlshuld

Stand der Projektinformation: 2006