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Frau und Sucht: Rückblick auf das 26. Bayerische Forum Suchtprävention

Am 15. und 16. Oktober 2024 fand das Forum Suchtprävention in Würzburg und online statt. In bewährter Weise war es auch in diesem Jahr ein wichtiger Termin zur Fort- und Weiterbildung sowie Vernetzung für Fachkräfte der Suchtprävention in Bayern. Passend zum Schwerpunktthema „Frauen – sichtbar & gesund“ des bayerischen Gesundheitsministeriums stellte sich unter anderem die Frage: Konsumieren Frauen anders? Die geschlechtsspezifischen Analysen des Epidemiologischen Suchtsurveys zeigten: Ja!

Insbesondere der zweite Tag des Bayerischen Forums Suchtprävention widmete sich mädchen- und frauenspezifischen Themen in der Suchtprävention.

Zahlen, Daten & Fakten – Frauen konsumieren anders

Herr Justin Möckl, IFT Institut für Therapieforschung München, stellte eine Sonderauswertung des Epidemiologischen Suchtsurveys vor. Hinsichtlich des Geschlechts zeigen sich folgende substanzbezogenen Unterschiede:

  • Alkohol: Junge Frauen (18 bis 24 Jahre) trinken weniger und seltener Alkohol als junge Männer, allerdings nähert sich das Konsumverhalten der Frauen dem der Männer an. Beispielsweise zeigt sich eine Zunahme des problematischen Konsums bei jungen Frauen im Vergleich zu 1997 (stabilisiert seit 2009). Frauen trinken eher Wein und Männer eher Bier. Bei Spirituosen und Mischgetränken bestehen nur kleine Unterschiede.
  • Tabak und Alternativen: Das Rauchen ist unter Frauen weniger verbreitet als unter Männern. Unter den Raucherinnen und Rauchern ist die Prävalenz des
  • Cannabis: Frauen konsumieren seltener Cannabis als Männer. Der problematische Cannabiskonsum steigt sowohl bei Männern als auch Frauen an. Bei Männern ist der Anstieg allerdings stärker. Der (fast-)tägliche Konsum stieg im Jahr 2021 nur unter Männern an.
  • Medikamente: Frauen gebrauchen insgesamt öfter Medikamente als Männer (insbesondere Nichtopioid-Analgetika und Hypnotika/Sedativa) und weisen häufiger einen problematischen Medikamentenkonsum auf. Durchschnittlich ist die tägliche Einnahme von Medikamenten unter Frauen allerdings weniger verbreitet als unter Männern.
  • Illegale Drogen: Frauen konsumieren insgesamt seltener Drogen als Männer. Amphetamine und Neuen Psychoaktive Substanzen werden am häufigsten konsumiert.

Perspektivwechsel – der Blick hinter die harten Fakten

Anschließend stellte Frau Christa Berger, Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich, unter dem Titel „Gendersensible Suchtprävention zeitgemäß gestalten“ u. a. frauenspezifische Risiken für Substanzkonsum vor. Dazu zählen u. a. ein höheres Vorkommen von psychischen Störungen wie Depression und Angst, Belastungen durch Einsamkeit und Isolation, aber auch widersprüchliche Rollenerwartungen, Doppelbelastungen durch Familie und Beruf und ein erhöhtes Risiko, sexuelle Übergriffe und häusliche Gewalt zu erleben. Entsprechend bedarf es einer frauengerechten Suchtprävention, die sich kennzeichnet durch:

  • gezielte Aufklärung und Sensibilisierung
  • Flexibilität
  • Stärkung von spezifischen Schutzfaktoren (z. B. ein positives Körpergefühl, eigene Bedürfnisse wahrnehmen und dafür einstehen, Selbstwert und Selbstachtung)
  • Reduktion von spezifischen Risikofaktoren (z. B. alternative Copingstrategien im Umgang mit negativen Gefühlen und Stress, Auseinandersetzung mit stereotypen Rollenbildern und widersprüchlichen Rollenerwartungen)
  • Empowerment (Ermutigung und Befähigung, z. B. Nein-Sagen, sich abgrenzen)

Das Fazit: Eine zeitgemäße gendersensible Suchtprävention ist so gestaltet, dass alle Menschen – unabhängig von ihren individuellen Eigenschaften und Lebenslagen – gleichberechtigten Zugang zu suchtpräventiven Angeboten haben und sich dabei angesprochen und einbezogen fühlen.

Praxisbeiträge untermauern die Theorie

Spannende Einblicke in die erfolgreiche Umsetzung von gendersensibler Suchtprävention in der Praxis gaben anschließend drei Praxisbeiträge: Der Verein Lilith e. V. – Drogenhilfe für Frauen und Kinder stellte sein Konzept zur frauen- und mädchenspezifische Drogenprävention vor und gab u. a. Einblicke in die Lebensrealitäten und Entwicklungsaufgaben von Mädchen und wie diese mit möglichen Konsummotiven zusammenhängen. Es folgte eine Vorstellung des Projekts NETPOWER – Mädchen stark im Netz zur Prävention von problematischer Social Media Nutzung mit Mädchen und jungen Frauen. Abschließend wurde das Projekt IRIS – Dein Persönliches Onlineprogramm für eine gesunde Schwangerschaft zum Rauch- und Alkoholverzicht während der Schwangerschaft vorgestellt. Die IRIS-Plattform mit ihren vielfältigen Informationen, interaktiven Online-Übungen, Erfahrungsberichten sowie Erfolgsgeschichten und die Erfahrungen aus dem eCoaching wurden präsentiert.

Wir danken allen Referierenden und Teilnehmenden vor Ort wie auch online für ihr Interesse und den regen Austausch zu diesen wichtigen Themen. Seien Sie auch nächstes Jahr wieder mit dabei – beim 27. Bayerischen Forum Suchtprävention.